Nerv des Monats

Herzlichen Dank für die Diskussionsbeiträge zu den Bundesjugendspielen. Ich sollte mich öfter mal an kontroverse Themen rantrauen, dann kommt hier endlich mal Schwung in die Bude und die Zahl der Kommentare geht steil nach oben… Wie wäre es beim nächsten Mal mit Homöopathie? Ach, nee, hatten wir ja schon. Impfen? Jaja, schon gut, ich lass es, ich will ja weiterleben.
Nein, im Ernst: Ich finds wirklich schön das mal so was wie eine Diskussion in Gang kommt und auch mal gegensätzliche Meinungen gepostet werden. Die Diskussion um die Bundesjugendspiele und die Beschäftigung mit den Gegenpositionen hat mir denn auch zumindest zwei Erkenntnisse gebracht:
Erstens: Es ist nicht mehr alles so schlimm wie früher, kleine Dorothee, du musst nicht mehr weinen. Die Kinder heute dürfen viel mehr Spaß haben beim Sport! (Danköö! *schluchz*)
Zweitens: Ich wäre heute eine noch viel größere Flasche als damals und bin zu verdammt fett unbeweglich und muss mehr für meine Gesundheit tun!
Gesagt, getan. Eine Frau, ein Wort- am Montag war ich im Wald.
Gut, bevor es an die sportliche Aktivität geht, müssen natürlich erstmal die technical Devices stimmen, man kann ja schliesslich nicht so auf gut Glück im Wald rumstolpern ohne Sinn und Verstand, aber zum Glück kam meine neue Smartwatch trotz Poststreik rechtzeitig an. Man will ja schliesslich wissen, wieviel Schritte und Kilometer man so pro Tag in der Gegend rumtapst und- was das allerbeste ist: Man wird zu jeder Zeit per vibrierender Armbanduhr sofort über den Eingang neuer Emails, WhatsApps und sonstigem Kommunikationszeug unterrichtet. So immens wichtiges Zeug wie den freundlichen Hinweis auf den xten Supersale im Hause Kaufmichblöd oder der siebenundzwanzigsten Geburtstagsgratulation in der Familienwhatsappgruppe. Und wenn das angepeilte Tagesschrittziel erreicht ist, (in meinem Fall 5000 *hust*) kriegt man sogar gratuliert. Von seiner Armbanduhr!! Mir bleibt die Spucke weg vor solcher Raffinesse!!!
Wo war ich? Ach ja. Also auf in den Wald.
Das sensationöse Schrittzählerdingens umgeschnallt (wie übrigens den ganzen Tag, es soll schliesslich ALLE Schritte zählen, ich will mich ja gut fühlen.) und ab in den Wald.
Puh.
Ganz schön anstrengend, wenn man ein paar Jahre Monate Wochen nichts gemacht hat.
Und man dann noch GESEHEN wird:
„Ei, Maddsche, was gehst dann du mit zwei von dene Stöck in de Wald? Brauchst du die aach für des neumodische Zeuchs, des Noddiwokki odder wie des heest?“
Hmpf.
„Nee, ich geh nur spaziern. Die Stöck brauch ich nur, damit ich net umfall.“
Was klingt wie ein Witz, ist in Wahrheit bittere Wahrheit.
Ich FALLE um, wenn ich die Stöcke nicht habe. Mit ihnen klammere ich mich quasi an den aufrechten Gang. Das kommt dabei raus, wenn man Kinder mies behandelt. Bei den Bundesjugendhrrrmpfgrrmbl*
Dieser erste Tag meiner neuerwachten sportlichen Karriere war jedenfalls schon mal vielversprechend. Die fast fünf Kilometer Gehen im Wald unter einer Stunde zwanzig geschafft, der Schrittzähler kriegt sich vor lauter Applaus für 9865 gelaufene Schritte nicht mehr ein und der Muskelkater in den Füßen (genau in dem Knick zwischen Fuß und Bein, wie heisst das? Gelenk??) ist auch schon nach drei Tagen weg. Perfekt.
Blöd nur, dass es jetzt so heiß ist.
Da kann ich unmöglich nochmal Sport machen, das leuchtet ja jedem ein, der nicht völlig mit dem Bunsenbrenner gefönt wurde. Entweder ist es dunkel und erträglich oder hell und unerträglich. (Und komm mir keiner mit frühmorgens, da schlaf ich erstens noch und zweitens hängen da immer quer über den Waldweg noch sämtliche Spinnfäden von der Nacht *waahhh* wie ekelhaft!)
Aber das Schlimmste ist: Ich habe keine Smartwatch mehr. Niemand zählt mehr meine Schritte. Okay, das liegt daran, dass das dumme Ding sich dauernd verzählt hat.
Stolz war ich ja schon auf meine immense Tagesleistung, aber so einen leichten Zweifel hatte ich wohl doch ob der großen Wegstrecken, die ich zurückgelegt haben soll.
Nunja.
Beim Fönen bescheinigte mir die Uhr heute morgen 67 gelaufene Schritte. Und nachdem ich in der Küche das Frühstückstablett bestückt hatte, weitere 400 Schritte. Nein, leider sind meine Haare nicht so lang ist unsere Wohnung nicht SO groß. (Zum Glück.) Vor der ersten Kanne Kaffee KANN ich gar nicht mehr als zehn Schritte machen. Oder so.
Ich habe die Fehlerquote hochgerechnet auf die fast 10.000 Schritte die ich gestern angeblich gemacht habe und mir dann den Retourenzettel für die Uhr ausdrucken lassen.
Bitte erinnere mich jemand an meine sportliche Karriere, sobald die Hitzewelle nachgelassen hat. Ich geh dann auch ohne technical Device.
Einfach so mit den Stöcken in geduckter Haltung an Nachbars Garten vorbei.