Fair oder unfair

Ganz ehrlich, ich hab echt einiges genäht für mich in den letzten Wochen Monaten. Aber ich komm einfach nicht zum Knipsen, bzw geknipst werden.
Im Oktober, an dem schönen Tag bei Aennie in Leipzig habe ich mir eine Matrix- XLse genäht, (angefangen zu nähen und daheim fertig gemacht- wir haben zuviel gebabbelt und gegessen und es war SO schön!) die ich oft und gerne anziehe. Ausserdem noch zwei Lady Rose und vor zwei Wochen eine Lady Comet. Und das ein oder andere einfache Shirt. Aber ich komm nicht zum Knipsen!
Da hab ich ja leider auch nix zum rumsen.
Zum Glück halse ich mir ja immer gerne neue Projekte auf. Das letzte Projekt war: ich will eine Stofftasche (so einen Einkaufsbeutel, nä?) mit dem Ortswappen drauf haben. Das setzt dann so eine Gedankenkette in Gang: Wo krieg ich den Stoff für so eine ganz einfache Stofftasche her? Wieso kauf ich nicht gleich eine ganze Tasche und plotte das Wappen drauf? Wenn ich so einen Einkaufsbeutel habe, dann wollen ganz viele Leute den bestimmt auch haben? Ich hab keine Lust so viele Stoffbeutel zu nähen, wo krieg ich die fair produziert her? Und *schwupp* war ich bei Manomama in Augsburg gelandet. Ich hatte mal gehört, dass die Einkaufsbeutel von dm zum Teil von dort kommen und die Story hinter den Stoffbeuteln gefiel mir. Lediglich die Baumwolle kommt aus kontrolliert biologischem Anbau in Tansania und der Türkei, alles andere wie spinnen, weben, nähen etc findet in deutschland statt, das fand ich klasse. Nach längerem Zaudern habe ich mich dann doch getraut eine Mail hinzuschreiben, ob sie denn die Stoffbeutel auch in geringerer Stückzahl verkaufen und was die denn dann wohl so kosten würden.
Kurze Zeit später war ich im Besitz von fünfzig erstklassigen Stoff-Einkaufsbeuteln. Okay, sie sind nach der Wäsche etwas eingelaufen, aber zum Glück weiß ja keiner, wie groß sie vorher waren…;-)
Aber wie mein Motiv aufbringen? Wer hier länger mitliest, weiß, das ich immer offen gegenüber neuen Techniken bin (mein Mann kriegt grad einen Lachkrampf) aber, ABER! dass diese Techniken verdammenswerterweise immer sehr wenig aufgeschlossen MIR gegenüber sind.
So kommt es, dass ich Monate brauche, um zu kapieren, wie man es schafft, ein Motiv in der Plottersoftware so zu verändern, dass man es einigermaßen als Plotterdatei verwenden kann. Kurz gesagt: ich bin voll der Loser, und nur mit viel Glück und Dusel habe ich es geschafft, endlich meine Einkaufstasche mit den Altweilnauer Wappenlöwen fertigzustellen (selbstverständlich habe ich mich vorher nach Urheberrechten erkundigt…):
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Ich bin immer noch völlig irritiert, wie ich das geschafft habe. Egal, ich habe ein neues Dienstzimmer!
Dienstzimmer? Ja, denn meine Tasche ist mein Dienstzimmer. In ihr/ihm schleppe ich meine Hausschuhe, Kinderspiele, Antragsformulare und Frühstück von Familie zu Familie. In Zukunft nicht nur mit der Heimat im Herzen, sondern auch in der Hand. 🙂

(Lustigerweise wollte ich andere Menschen partizipieren lassen. Ich schnitt also einige Dateien aus, plottete sie auf einige (10) Taschen und nahm sie mit zum Weihnachtsmarkt. Um das Ende vorwegzunehmen: alle sind verkauft worden an Menschen, die sich über die Idee, die Umsetzung und die Qualität der Taschen gefreut haben. Aber ebensoviele Menschen haben geäußert, dass fünf Euro für einen Einkaufsbeutel ja wirklich zu viel sind, wtf? Das bringt mich ohne Umwege zum Nerv des Monats Weihnachten. Was zum Teufel?

Ja, dann nehmt doch eure billigen Aldi, Lidl, Rewe oder Edeka-Taschen, auf dass jeder sieht, dass ihr auch noch Geld bezahlt um Werbung laufen zu dürfen für die größten Discounter und Supermärkte Deutschlands, statt drei (DREI! Nicht dreissig!) Euro mehr auszugeben und damit ein Statement zu setzen für minimal teurere, dafür aber nachhaltig und regional produzierte Produkte mit genau dem Touch „Heimat“ den ihr ansonsten nur in den billigen plastikverpackten Wurstabfällen oder Billigmilchprodukten bejubelt, einfach nur weil irgendein pfiffiger Marketingstratege „Unsere Heimat“ „Regional“ oder „Hofgut Bauernlümmel“ draufgepappt hat.
Boahh- ich reg mich auf, merkt man, oder?
Aber wenn man mal so rumfragt: alle kaufen total bio und am liebsten regional und so. Immer. Klar doch.
Ich kauf seit Monaten unsere Milch beim Bauern, so richtig mit Milchkännchen und abzapfen aus dem großen Kühltank und mache ordentlich Werbung dafür. Montag und Freitag, jeweils zwei Liter. Ich zahl freiwillig einen Euro statt der 20 Cent, die der Bauer von der Molkerei kriegt (aber ich hab das tolle Statement nicht in meinem Facebookaccount geteilt. Ich möchte wissen, wieviele von der „ich würde freiwillig einen Euro für gute Milch vom Bauern zahlen“ Geschwurbelfraktion tatsächlich ihre Milch dort holen. Äh- nein, ich wills nicht wissen.). Und zehn Eier von freilaufenden Hühnern kosten übrigens 2,20.
Und anfangs alle so die Hände zum Himmel „Uhlala, ja, da simmer dabei, dat is prihima“ aber bisher sollte ich noch niemandem was mitbringen.
Das sind dieselben, die fünf Euro für einen fair und regional produzierten, individualisierten Einkaufsbeutel zu teuer finden.
Fair? Unfair!