So, die Wäsche ist gewaschen, alles wieder an Ort und Stelle (ausser der Bügelwäsche natürlich- Freiwillige vor!), die Temperaturen befinden sich in einem angenehmen mittleren zweistelligen Bereich, so dass man beim Schreiben keine Schweißspur über den Laptop zieht, also: Zeit für eine kleine Urlaubsnachlese abseits des Gelästers über Mitbewohner der Jugendherberge (obwohl, da waren noch so ein paar… *kicher*)
Ich ziehe tief den Hut vor allen Seeuferbewohnern. Ich nehme ja mal an, dass es im Endergebnis wurscht ist ob man am Lago di Garda, dem Plöner See oder dem Titicaca wohnt. Mein Problem wird wohl überall dasselbe sein.
Wir wohnen hier schön im Mittelgebirge, muss ich dazu erklärend vorausschicken. Da verirrt sich ab und an mal eine Fliege hin oder auch zwei. Seltener schaut mal ein Stechmuckerling nach, was es so Interessantes bei uns gibt, bevor ihn der große Schlag trifft und er sich unvermittelt im Chor des großen Manitu wiederfindet. Aber im Großen und Ganzen sind Krabbelviecher hier (im Verhältnis zu anderen Gegenden, wie ich gelernt habe) so selten, dass ich die wenigen, die im Lauf eines Sommers auf Besuch kommen, ganz tiefenentspannt erschlage und dann weiterlese. Oder so.
Die achtbeinigen Kollegen lassen mich schon deutlich unentspannter zurück, (auf mein leicht paranoides Verhältnis zu ihnen hatte ich hier schon mal hingewiesen) allerdings besitzen sie die Freundlichkeit, (ist wahrscheinlich purer Selbstschutz und die Viecher sind schlauer als wir denken *grusel*) mich nur recht selten zu behelligen. Im Normalfall genügt dann ein halberstickter Schrei, mein Held in Jogginghosen eilt herbei, um mich von der Bestie zu befreien und ich kann vom Stühlchen runtersteigen.
Ich fragte mich allerdings manchmal, WIESO wir hier so wenig Krabbelzeugs haben.
Ich weiß jetzt, warum.
Ich weiß wo sie wohnen.
Ich war im Urlaub dort.
*brrrrrrrr*
Ich saß genau EINMAL auf dem wunderbaren Balkon mit Seeblick, nachdem ich den Stuhl samt Lehne und Sitzfläche argwöhnisch beäugte auf der Suche nach Gliederfüßern und sehr genau aufpasste, wohin ich meine Füße stellte. Fündig wurde ich beim Blick auf die Fenster, das Geländer und sämtliche andere Flächen, an denen Hunderte von Spinnen ihre Netze spannten.
Irgendwie schmeckt Eis nicht mehr ganz so gut, wenn man ständig rundum äugen muss, ob sich irgendwo eine Thekla nähert. Man kann auch den Gesprächen nicht mehr so aufmerksam folgen. Man folgt ja schliesslich aufmerksam den Wegen des Viechzeugs.
Zum Grillen gesellen sich ausser den melodisch zirpenden Grillen auch noch Millionen Zuckmücken, die ihren an überhöhten Drogenkonsum erinnernden Tanz (Yeah, rock me, Baby!) zur allgemeinen Freude etwa einen Meter über dem gedeckten Tisch ausüben. Mahlzeit.
Man erkennt übrigens besonders beim Grillen deutlich den Unterschied zwischen Urlauber und Ureinwohner. Die Urlauberin erscheint mit langer Hose, langärmliger Jacke, einer Familienpackung Autan und einer Zeitung bewaffnet und nutzt jedes auch noch so halblaute Aufbruchssignal zur sofortigen Flucht (schöner Abend, nich? – Oh, ja, Abend, ach is das schon soo spät, Gute Nacht zusammen! *renn*), während die Ureinwohner in kurzen Klamotten bis tief in die Nacht noch zusammensitzen könnten und gar nicht WAHRNÄHMEN dass sie gerade vorne von einer Armada Stechmücken aufgefressen und hintenrum von einer Kohorte Achtbeiner eingewoben werden.
OK. Ich übertreibe.
Ich hatte nur eine normale Flasche Autan.
Glücklicherweise hatten ALLE zu öffnenden Fenster der Jugendherberge Fliegengitter davor. Aus zoologischer Sicht ließ sich das daher drin richtig gut aushalten. Bei dreissig Grad. *umfall*
Trotzdem war der Urlaub toll. Nee, ehrlich.
Besonders stolz war ich auf Sohnemann, der sich ja bekanntlicherweise immer etwas länger Zeit läßt mit dem Kennenlernen neuer Aggregatzustände. In diesem Jahr hat er sich endlich mal in den See getraut. Alleine. Muttern saß am Ufer und las. DAS ist Urlaub, nech?
Blöd nur, dass der unerträgliche Juckreiz schon nach einer Stunde einsetzte, ich dann in die Notapotheke fahren musste, um das Kind mit Cetirizin zu versorgen und ihm die Beine ausserdem noch mit Fenistil und einer Hydrocortsionsalbe eincremen musste, damit er es wenigstens einigermaßen aushielt.
Und wer war schuld? Krabbelzeugs natürlich, diesmal in Ermangelung von Beinchen die schwimmende Wurm-Variante. Die Mistviecher halten sich bevorzugt in warmem Flachwasser auf und knabbern versehentlich menschliche Beine an um ihre EIER abzulegen *kreisch*. (Den Irrtum bezahlen sie allerdings zeitnah mit dem Leben *harrharr*).
In demselben Wasser, in dem auch der Nachwuchs voller Begeisterung auf Fisch- Muschel- und Steinesuche war. Das ist voll unfair! Ratet, wer NIE MEHR WIEDER! in den See geht.
Nicht das einer denkt, das sähe immer noch so harmlos aus. Inzwischen sind die einzelnen roten Pünktchen über Riesenpustelngröße zu dunkelroten Flecken mutiert. Er sieht aus, als hätte er Flecktyphus. Aber wenigstens juckt es nicht mehr.
Och joh, sagt der Ureinwohner. Bei dieser Hitze vermehren sich die Biester ganz schön. Und springt in den See.
Also, ehrlich mal jetzt: wie KANN man es ein Leben lang aushalten mit derartig viel fliegendem, schwimmendem, krabbelndem und stechendem Viechzeugs um einen rum?
Ich würde komplett durchdrehen.