Schlaf gut, Baby!

Buchbesprechung:

Schlaf gut, Baby!
Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten

Dr. med. Herbert Renz-Polster, Nora Imlau
2016, Gräfe und Unzer Verlag, München

Die Autoren:
Dr. med Herbert Renz-Polster ist mir in den letzten Jahren des Öfteren zumindest virtuell begegnet, nämlich auf meiner Suche nach Information und Weiterbildung im Internet, wenn ich zum einen mal wieder selbst nicht wusste ob wir auf dem richtigen Weg sind mit unserem Kind und zum anderen auf der Suche war nach möglichst praktikablen und bedürfnisorientierten Tipps für die Problemstellungen, mit denen ich beruflich so konfrontiert werde. Er ist Kinderarzt und schreibt Bücher zur Entwicklung von Kindern.

Nora Imlau kannte ich ebenfalls aus dem selben Zusammenhang. Sie ist Journalistin und Fachautorin für Familienthemen, schreibt unter anderem für die Zeitschrift „Eltern“ und ebenfalls Ratgeber zur bedürfnisorientierten Erziehung.
Wenn man im Internet auf der Suche nach Informationen zur bedürfnisorientierten Erziehung ist, kommt man an den Namen der beiden einfach nicht vorbei..
Aber ich muss zugeben: Aufgrund meiner leichten Ratgeberphobie habe ich bisher keines der Bücher der beiden Autoren gelesen. Da wurde es Zeit…:

Inhaltsbeschreibung:
(Eigene Anmerkungen habe ich jeweils kursiv gesetzt)

Schlaf gut, Baby!
Der sanfte Weg zu ruhigen Nächten

Warum Kinder anders schlafen
Im ersten Teil des Buches werden die Gründe für das Schlafverhalten der Babys verständlich erklärt, besonders im Hinblick auf unsere evolutionäre Programmierung die es zum Beispiel eben nicht zulässt, dass Babys von Anfang an tief und fest 10 Stunden durchschlafen.
(Hätten sie das in der Steinzeit gemacht und so den Aufbruch der Sippe in eine neues Lager verpennt, wären sie sicher häufig als Zwischenmahlzeit für Säbelzahntiger und Co geendet. Es wäre fraglich, ob unsere Spezies heute dann noch existieren und zum Beispiel kluge Erziehungsratgeber schreiben (oder ebenso klug über diese berichten *hust*) könnte.)
Mit anderen Worten: der leichte Schlaf, das häufige Aufwachen, die enge Bindung an die Bezugsperson- all das und mehr sind tief eingeprägte Verhaltensmuster, die das Baby seit der Steinzeit vor dem Verlassen- oder Vergessenwerden schützen.
„Lustige Ideen“ wie das Alleineschlafen in einem eigenen Bett in einem eigenen Zimmer sind ja über unsere Babys erst seit den Zeiten der Industrialisierung hereingebrochen, also vor noch nicht mal 300 Jahren- die innere Programmierung braucht also vermutlich noch ein paar hundert Generationen bis sie da nachgezogen hat- man weiß ja wie langsam die Evolution tickt…
Welche Mechanismen das Baby dabei genau für sich nutzt wird gut anhand des „Rüstzeugs“ beschrieben. Einschubtexte zu den bekannten Fakten über Kinderschlaf beschreiben verständlich, wie es aus wissenschaftlicher Sicht um den Schlaf bestellt ist.

Eine Begegnung mit Ängsten, Mythen- und uns selbst
Rund um den Babyschlaf gibt es viele Ängste und Mythen. Der größte Mythos ist wohl der vom Verwöhnen des Babys und er ist einfach nicht totzukriegen. Daher ist mir dieses Kapitel, in dem die Autoren erklären, warum das Stillen des Bedürfnisses nach Nähe nichts mit Verwöhnen zu tun hat, das zweitallerliebste. (Das allerliebste kommt noch…*uaah*)
Die Autoren erklären anhand der unterschiedlichen Beziehungssprachen den unterschiedlichen Blick auf das Kind und damit die Auswirkungen auf unser Verhalten: Welche Grundannahme habe ich in Bezug auf das Kind? Sehe ich das Kind als grundsätzlich positiv, schutzbedürftig und vertrauenswürdig oder halte ich das Verhalten des Babys grundsätzlich für fehlerhaft, egoistisch und daher für korrekturbedürftig?
(Diese Zusammenhänge zwischen der Grundannahme „gutes Kind oder schlechtes Kind?“, den damit verbundenen Erwartungen der Eltern an das Kind und die Auswirkungen auf das Verhalten der Babys halte ich für so essentiell wichtig, dass ich mir dieses Kapitel ein wenig länger und deutlicher gewünscht hätte.)

Was uns Mut machen kann
In diesem Kapitel wird uns kurzfristig zunächst erstmal aller Mut genommen, denn: „Der einzig richtige Weg? Den gibt es nicht.“ (S.59)
Unterteilt in die Kapitel „Gemeinsam Schlafstress reduzieren“ mit den „Acht Wahrheiten über den Kinderschlaf“ und „Langsam in den Nachtmodus schalten“ beschreiben die Autoren dann aber breitgefächert, welche Voraussetzungen denn wichtig sind, wenn es zu einem guten und entspannten Nachtschlaf kommen soll. Um das Schlafen nicht zu einem noch größeren Drama zu machen, als es schon ist, ist es zum Beispiel wichtig, sich die eigene Rolle klarzumachen und ein Ziel zu definieren. Dabei hilft die Einordnung „unserer“ individuellen Schlafprobleme- was ist „normal“ beim Thema Babyschlaf? Wer weiß, wie groß die Spanne der Normalität in diesem Bereich ist, der kann auch gelassener und ohne Schuldgefühle agieren.
Und immer wieder wird darauf hingewiesen, wie wichtig die Beziehung, die liebevolle Zuwendung ist.

Warum wir gegen Schlaftrainings sind
Mein allerliebstes Kapitel *grrr*. Hier geht es um die Schlaf“programme“, die in verschiedenen Varianten auf eine Methode des amerikanischen Kinderarztes Richard Ferber zurückgehen, das sogenannte „Ferbern“. Die hierzulande populärste Variante ist das Buch „Jedes Kind kann schlafen lernen“ von Annette Kast-Zahn (leider ebenfalls im GU-Verlag erschienen. Ich würde mir sehr wünschen, dass es nie mehr aufgelegt wird. Sehrsehr.)
Auszüge dieses Kapitels sollten in jeder Willkommenstasche (ich meine die mit allerlei Babykram, regionalen Adresslisten, Broschüren und Produktpröbchen wie sie von fast allen Krankenhäusern/Hebammen an die frisch gebackenen Eltern verteilt werden) enthalten sein. Und immer wenn jemand das Buch von Frau Kast-Zahn bestellt, sollte ein Abdruck dieses Kapitels beigefügt werden, ich meins ernst.
Schlafprogramme vereinen meiner Meinung nach vieles, was nicht in eine liebevolle Beziehung zwischen Eltern und Kind gehört. Das liegt doch schon in dem Wort begründet! Programme sind für Maschinen, für Roboter erdacht, aber doch nicht für Babys! Das Baby in seiner Not „kontrolliert“ schreien zu lassen, empfinde ich als grausam und höchst empathielos, ebenso die Forderung, den Kontakt mit dem Baby in der Nacht betont sachlich und gefühlsarm zu halten, selbst wenn das Kind vor lauter Schreien und Not erbricht. Sorry, aber das ist gequirlte Hühnerkacke!
(Ich begleite häufig Familien mit Kindern unter sechs Jahren, in denen die Eltern-Kind-Kommunikation gestört ist, woraus sich vielfältige Probleme ergeben. Natürlich gibt es vielfältige Gründe hierfür und oft ist es aussichtslos, ihnen auf die Spur kommen zu wollen. Aber deutlich zu häufig sehe ich im Regal diesen „Klassiker des Behaviourismus“ stehen und es schüttelt mich immer wieder. Ich habe natürlich keine Ahnung, ob die Familienschwierigkeiten VOR oder NACH der Anwendung des Schlafprogramms begonnen haben oder ob sie verstärkt wurden dadurch, aber eins weiß ich: es hat der Bindung zwischen Eltern und Kind nicht geholfen, ganz im Gegenteil!)
Man merkt: die Ablehnung der Schlafprogramme kann ich kaum sachlich und fundiert begründen, dafür bin ich viel zu emotional. Ich werde natürlich von Eltern danach gefragt und muss immer sehr um Worte ringen und sie sorgfältig abwägen (ja, kann ich auch! Manchmal.) aber eigentlich würde ich lieber schreien „Darum! Das ist einfach total doof!“, daher werde ich dieses Kapitel wohl passagenweise auswendig lernen müssen, denn die beiden Autoren schaffen genau das, was mir misslingt: Sie ziehen dem Schlafprogramm komplett die Hosen runter und bleiben dennoch sachlich- wie sehr ich doch Menschen beneide, die so gut formulieren können…

Alles, was wichtig ist
Hier geht es um alles, was das Baby braucht um gut einschlafen zu können. Wir erfahren einiges über die Bedeutung von Schlaffenstern (wer außer mir las in dem Wort als erstes den schlaffen Stern? *muuharharhar*), Schlafenszeiten, die Veränderbarkeit von Schlafrhythmen und vor allem den tatsächlichen Schlafbedarf von Babys und Kleinkindern.
Ein kurzes Kapitel beschäftigt sich ganz mit der Frage: wie kann mein Kind auch in der Fremdbetreuung gut schlafen- worauf sollte ich bei der Auswahl der Kita achten? Für Eltern, die wieder arbeiten gehen müssen oder wollen, ein nicht ganz unerheblicher Punkt, (wenngleich sich mir auch die Frage stellt: wer hat denn eigentlich tatsächlich noch die große Auswahl zwischen verschiedenen Kitas? Aber gut, ich komm vom Land, da heißt es in den häufigsten Fällen: die oder keine, einfach weil es nur eine erreichbare Kita gibt).

So klappt die Reise in den Schlaf
Endlich! Nach vielen wertvollen und interessanten Vorinformationen über den Babyschlaf, über Bindung und Bedürfnisorientierung kommen wir nun zur Praxis. Was mache ich denn nun genau, um meinem Kind zu einem guten Einschlafen zu verhelfen?
Die verschiedenen körperlichen Stationen auf dem Weg in den Schlaf werden beschrieben, (Die dritte Station fand ich besonders putzig: der suprachiasmische Kern. Kennt jeder, oder? Was, nicht? Ihr Flaschen. Alles muss man euch erklären. Also, ich habe mich durch Berge von neurologischen Aufsätzen gewühlt um euch nach langen Recherchen die einfache Übersetzung präsentieren zu können: es ist die innere Uhr. Ich werde demnächst mal jemanden fragen: „Na hat dich dein suprachiasmischer Kern geweckt?“ Das wird der Brüller! Ich muss nur noch lernen wie mans ausspricht.) und dazu Tipps gegeben, was diesen Prozess fördert und was ihn stört.
Zudem gibt es konkrete Tipps zur Einschlafbegleitung, eingeteilt nach dem Alter der Kinder, aber natürlich heißt es auch hier nicht: „Das Kind ist x Monate alt, also muss Methode y greifen“, sondern es wird wieder ein Potpourri der Möglichkeiten eröffnet, garniert mit vielen praktischen Beispielen, so dass man sich als Elternteil gut Ideen heraussuchen kann, die einem liegen.

So klappt die Reise durch die Nacht
Das zweite große Problem neben dem EINschlafen ist ja bekanntlich das DURCHschlafen, diesem ist das nächste Kapitel gewidmet.
Hier gibt es zunächst den Notfall-Schlaf-Plan für ganz Müde, unter zermürbendem Schlafmangel Leidende.
Selbstverständlich enthält auch dieser Notfall-Plan keine neuen, noch nie dagewesenen Ratschläge. Aber unter dem Eindruck der (im ganzen Buch) vorherrschenden, wertschätzenden Ausdrucksweise und des Verständnisses, das da durch die Zeilen schimmert, fällt es vielleicht dann doch dem gestressten und hochgradig übermüdeten Elternteil leichter, sich endlich mal eine Portion Selbstfürsorge zu genehmigen, ganz gleich wie sie aussieht. Sich Unterstützung zu holen, ist in einer solchen, häufig als ausweglos wahrgenommenen Situation ohnehin der Notanker Nummer eins. Schwierig (und leider häufig auch gefährlich fürs Baby!) wird es da, wo das Elternteil diese Grenze nicht erkennt und Wut die Oberhand gewinnt…
Interessant fand ich das Kapitel über natürliche und erlernte Einschlafassoziationen (die ja dann häufig beim kurzen Aufwachen in der Nacht wieder eingefordert werden vom Kind) und wie man die erlernten, ungeliebten, manchmal schmerzhaften Varianten davon wieder verändert. Allzuviele Eltern lassen sich mit zusammengebissenen Zähnen abends die Haare zwirbeln, die Nase festhalten oder die empfindliche Haut am Hals zerknibbeln bis es schmerzt und darüber hinaus oder hüpfen stundenlang auf dem Gymnastikball mit dem Kind im Arm durch die Wohnung…. da zieht sich mir beim Gedanken daran schon alles zusammen.
Aber auch diese Eltern sind ja nicht blöd- es hat sich bei den Kindern lediglich- aus welchen Gründen auch immer- eine unnatürliche Einschlafassoziation etabliert und die Eltern wissen nicht, ob und vor allem wie sie eine solche Gewohnheit wieder abgewöhnen können ohne die Holzhammermethode. Hierfür gibt es Vorschläge, auf welchem Weg bessere Einschlafhelfer etabliert werden können.
Im Kapitel „Aushalten, Trösten und Begleiten“ geht es dann um die Situationen, deren Veränderung wahrscheinlich nicht so ohne Weiteres von den Kindern akzeptiert werden, die aber für die Eltern eine Grenze darstellen. Wie gehe ich mit meinem Kind um, wenn ich zum Beispiel nicht bereit bin, nachts alle Stunde zu stillen, wie kann ich eine Stillpause einüben die ich dringend brauche (bei entsprechendem Alter der Kinder natürlich)?
Wie kann ich auch in solchen Situationen, die Stress und Tränen für das Kind bedeuten, zugewandt begleiten und eine gemeinsame Lösung finden?
(Vor allem erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang den Hinweis (der immer wieder im Buch auftaucht), dass es vollkommen in Ordnung ist, wenn man eine Grenze zieht. Viele Eltern sind genau da verunsichert. Sie wollen bedürfnisorientiert mit ihrem Kind umgehen, vergessen dabei aber häufig, dass es eben nicht nur um die Bedürfnisse des Kindes, sondern auch um die eigenen geht. Gestresste Eltern können keine entspannten Kinder haben- das ist ein Widerspruch in sich.)

Von Familien- und anderen Betten
Hier wird ausführlich auf die Vor- und Nachteile des Familienbettes eingegangen.
Besonders angenehm fand ich, dass die Vorteile des Familienbettes klar herausgehoben werden, dass aus dieser Frage aber kein Dogma gemacht wird, sondern im Gegenteil die Autoren ganz deutlich machen, dass es auch andere Formen des bindungsorientierten Schlafens gibt und diese auch benennen.
(Ich zum Beispiel konnte nie ruhig mit dem Säugling oder auch später mit dem Kleinkind im Bett schlafen, keine Ahnung warum.)

Ein Wort zum Schluss
Hier findet sich fast der wichtigste Satz des Buches, ein Hammer und Tröster zugleich:
„Das Problem des Kinderschlafs lässt sich nicht „lösen“.“ (Seite 203)
Hammer ist klar, aber Tröster? Doch, ich finde schon. Wenn es keine „Lösung“ gibt, bedeutet das für die Eltern ja auch gleichzeitig, dass sie nicht einfach nur zu dusselig sind, sie zu finden- das kann schon enorm entlasten. Auch die schwierigste Phase in der Entwicklung geht ganz sicher vorbei. Wir sollten uns bewusst werden, dass wir die Entwicklung nicht steuern oder beschleunigen können- wir können sie nur begleiten. Und das können wir annehmend, wertschätzend und liebevoll tun, oder wir können nörgeln, jammern und schimpfen (und damit die Grundsteine für weitere Konflikte legen).

 

Mein Gesamteindruck

Mein Gesamteindruck zu „Schlaf gut, Baby!“ nach dem ersten Lesen war tatsächlich eine weit überwiegende innere Zufriedenheit (wir sind auf dem richtigen Weg!) und ein kleines bisschen Traurigkeit, dass ich dieses Buch nicht schon kannte als unser Sohn auf die Welt kam, es hätte uns viel Unsicherheit, Frust, Kampf und ja: auch Wut rund um das Thema Schlaf erspart.
Was ich fast am wichtigsten fand, ist der in allen Kapiteln immer wiederkehrende Hinweis, dass es keine allgemeingültige Regel gibt die bei a l l e n Familien hilft. Im Gegenteil, da sind so viele Möglichkeiten und jede Familie muss für sich herausfinden, welche Art ihr am ehesten zusagt, ihr am besten passt.  Aber unter Berücksichtigung ihrer Individualität und ihrer Stärken kann jede Familie ihre ganz eigene, gute Lösung finden. Hierzu finde ich die vielen verschiedenen Beispiele aus der Praxis der Autoren, die Perspektiven aus anderen Ländern und auch die Beispiele aus Studien ungemein hilfreich.
Das Hintergrundwissen um das „Steinzeitverhalten“ der Babys halte ich ebenfalls für sehr wichtig. Es kann Eltern sehr entlasten, wenn ihnen klar wird, dass es nicht ein Fehler ihrer „Erziehung“ oder ihr irgendwie „unnormaler“ Nachwuchs ist, der das Schlafen zu so einem Drama macht, sondern dass vielen Verhaltensweisen uralte Verhaltensmuster zugrunde liegen.
Etwas zu kurz kamen mir die Alleinerziehenden, die ohne Partner und in vielen Fällen auch ohne soziales Netzwerk das doppelte Kreuz zu stemmen haben und häufig eine viel größere Hemmschwelle haben wenn es darum geht, Unterstützung einzufordern.
Die Sprache empfand ich im ganzen Buch als sehr zugewandt und wertschätzend, niemals als besserwisserisch oder belehrend. Für einen Erziehungsratgeber besonders wichtig: es wurde zwar einiges an Theorie mit verwoben, aber immer verständlich erklärt, ohne abgehoben zu wirken. (Gut, der suprachiasmische Kern sticht da ein bisschen raus…)
Der Blick der Autoren ist immer auf das Positive gerichtet, auf Lösungen, nicht verengt auf die Problemstellung.

Das Layout des Buches mochte ich dagegen ganz und gar nicht. Gut, ich hätte vielleicht mehr meine Lesebrille benutzen sollen, aber mal ganz ehrlich: wer soll denn das Buch lesen? Doch im besten Fall Eltern mit ganz ganz kleinen Kindern. Und wo lesen die wahrscheinlich am meisten? Ganz sicher nicht unter dem Licht der grellsten Neonröhre. Doch wohl eher in Gesellschaft ihres (hoffentlich) schlafenden Kindes bei leicht schummrigen Licht…
Da wäre ein deutlicher lesbares Schriftbild von Vorteil gewesen. Besonders die Bildunterschriften in zartem Apricot sind bei suboptimalen Lichtverhältnissen kaum zu lesen. Gleiches gilt für die Abgrenzung mancher Einschubtexte- ganzseitig auf nur minimal anders gefärbtem Papier sind sie nicht gut vom „normalen“ Text zu unterscheiden und verwirren den Lesefluss.

Den Schlusssatz finde ich besonders gelungen. Er sagt im Prinzip das aus, was ich „meinen“ Eltern (und uns!) auch versuche, mitzugeben:
„Es geht darum, dass wir uns irgendwie gemeinsam durchschlagen. Und dabei ein Team bleiben. Auch wenn wir uns mal auf die Nerven gehen. Es geht darum, WIE wir unseren Weg miteinander gehen. Das ist es, was am Ende bleibt.“ (Seite 203)
Genau. Nobody is perfect. Aber wir sind die Perfektesten für unsere Kinder!

Schlussbemerkung
Für dieses Buch wünsche ich mir, dass es schnell aufsteigt in der Bestsellerliste, dass es die meisten anderen Erziehungsratgeber, insbesondere Frau Kast-Zahns „Jedes Kind kann schlafen lernen“ und ähnliche Werke weit überholt. Damit viele Menschen feststellen können, dass eine bedürfnis- und bindungsorientierte Erziehung auch im Bereich des Schlafens nichts mit Verwöhnen zu tun hat, sondern im Gegenteil das Vertrauen ineinander stärkt und so letztlich effektiver zu friedlichen Nächten führt als Schlafprogramme, die völlig den Bedürfnissen der Kleinen zuwider laufen und zu Verunsicherungen, Kampf und Tränen führen.

Für mich selbst würde ich mir eine ganze Kiste davon wünschen: zum Verteilen an alle frischgebackenen Eltern, sowohl privat als auch beruflich, damit sie nicht in die Fallen tappen, die ihre wohlmeinende Umwelt, ihre eigene Sozialisation und ihre Erwartungshaltung für sie aufbauen.

 

Ich bedanke mich sehr herzlich beim Gräfe und Unzer Verlag für das kostenlos erhaltene Rezensionsexemplar!

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