Bücherwurmhölle

Pünktlich zwischen dem Welttag des Buches und der Frankfurter Buchmesse ist es raus: Ich komme in die Hölle. Und zwar in die Bücherwurmhölle, in der man vor jedem Buchstaben des Alphabets tausendfach Kotau machen muss, nachdem man ihn genauso oft blankpolieren musste, selbstverständlich ohne jemals ein vernünftiges Wort, geschweige denn eine Geschichte, zu lesen zu bekommen.

Wenn man den Familienlegenden glauben darf, konnte ich schon vor der Einschulung lesen, keine Ahnung ob das stimmt aber jedenfalls habe ich schon sehr früh sehr viel (und schnell) gelesen. Nachdem ich alle Kinder- und Jugendbücher in meiner Reichweite inhaliert hatte, las ich mich durch die Bücherregale meiner Onkel, die leider nicht mit allzuviel „Literatur“ bestückt waren. Eher mit den zwangsweisen Quartalszusendungen des Bertelsmann-Bücherclubs (warum die da Mitglied waren, weiß der Himmel. Gekauft haben sie da jedenfalls recht selten, gemessen an dem Mist, der da ins Haus geschneit kam. „Da sie keine Bestellung getätigt haben, senden wir ihnen heute eine Auswahl unserer Bestseller zu, viel Spaß damit“. Ich bin wahrscheinlich die einzige Minderjährige der Republik, die sich mit neun schon durch sämtliche Konsalik (!) und Simmel (!!) Romane gelesen hat. Aus purer Verzweiflung! (Wäre genügend Goethe, Heine und Brecht im Haus gewesen, dann wäre das Unglück möglicherweise noch zu verhindern gewesen, aber so? Miese Grundlagenbildung.)
Wo war ich?
Ach ja, die Bücher. Immerhin hat doch ein Teil meiner umfangreichen Familie versucht, in punkto Kinder- und Jugendliteratur zu retten was zu retten ist, und mir zu sämtlichen Geschenkgelegenheiten Bücher geschenkt. Eine Komplettausgabe von Selma Lagerlöf, fast alles von Astrid Lindgren (wo zum Teufel, sind die alle hin?), vieles, was ich leider vergessen habe (ach, nee, kennt jemand „Wir pfeifen auf den Gurkenkönig?“ Cooles Buch!) und natürlich Michael Ende. Da braucht man ja eigentlich gar nix zu zu sagen, den Mann habe ich ja hier schon mal lobend erwähnt und natürlich zog auch Jim Knopf zeitnah in mein Bücherregal ein, genauer: Weihnachten 1976. (vom Professor)
Die Begeisterung für Bücher versuche ich auch meinem Sohn zu vermitteln, (ich möchte betonen: allein auf weiter Flur, denn der andere Erziehungsberechtigte hält Bücher, die man nicht einschalten und scrollen kann für eine gigantische Baumverschwendung.)
und das gelingt auch in seinem Alter immer noch am besten durch Vorlesen. Abgesehen davon, dass es einfach Spaß macht, zusammen auf dem Sofa zu lümmeln und zu schmökern, habe ich dadurch wenigstens einen kleinen Einfluss auf den Lesestoff. Wer will schon freiwillig „Mia & Me“ vorlesen oder das „1000 Witze Buch“? *blärch*
Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer also. Und was kann es schöneres geben, als dem Sohn genau dasselbe abgegriffene Exemplar vorzulesen, das man als Kind schon geliebt hat? Hach, mir kommen glatt die Tränen vor Rührung. *schnief*
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Ja, gut, abgegriffen ist jetzt vielleicht nicht ganz der richtige Ausdruck…
Jim Knopf Collage
„Wieso istn das so bemalt, Mama?“ „Öhm- daran sieht man eben, dass das mein Lieblingsbuch war, das mochte ich so gerne dass ich es sogar verschönert habe.“
*hust*
Hab ich tatsächlich öfter gemacht, fürchte ich.
Es ist zum Beispiel auch so, dass ich auch heute noch als Lesezeichen IMMER Eselsohren in die Seiten mache. Ein schöneres Kompliment kann man einem Buch doch nicht machen, als es vollständig in Besitz zu nehmen und als Eigentum zu kennzeichnen, finde ich. (Es sei denn, es ist Scheiße. Oder ausgeliehen, da mache ich das natürlich nie! Also, nur ganz selten und dann ganz aus Versehen *gulp*).
(Ich frage mich allerdings, wieso ich nicht auch die vielen Druckfehler angekreuzt habe. Ich habe schon zehn oder so gefunden in der Ausgabe, scheinbar war damals meine interne Rechtschreibprüfung noch nicht aktiviert…)
Was will ich eigentlich erzählen?
Ach ja. Gestern abend. Der kleine Grottenolm hat das Buch schon auf dem Schoß, blättert ein paar Seiten vor und beginnt zu lachen: „Li Si ist doof. Du Kaiser bist doof. Jim ist doof. Frau Waas ist doof. Herr Ärmel ist doof.“
„Hallo? Also bitte! Das Buch ist ja wohl nicht doof, was ist denn mit dir los??“
„Nix ist mit mir los- das hast DU alles hier hingeschrieben!“
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Ähem.
Als nächstes lesen wir „Die unendliche Geschichte“. Die ist kaum bemalt.

3 Gedanken zu „Bücherwurmhölle

  1. Unerklärliche Verklärung der Vergangenheit, was?!
    Liebe Grüße,
    Kathrin 😉

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