Nu aber hopp

sonst ist der April schon vorbei ohne ein einziges Piep aus dieser Ecke.

Das Highlight des Jahres- der Urlaub im Ausland (Ausland! Wir! Wahnsinn!) liegt leider schon hinter uns. Die beiden Wochen um Ostern herum verbrachten wir auf der kanarischen Insel La Palma, ja genau, da wo die ganzen Freaks hinfliegen die den ganzen Tag in der Gegend umherwandern wollen. Alles unter 10 Längenkilometer und 500 Höhenmeter ist ein Spaziergang und so- Verrückte halt, wir verstehen uns.
War uns aber wurscht, wir wollte einfach nur hin um etwas Wärme und Grünzeug zu genießen, außerdem wünschte sich Junior letztes Jahr dass wir auch endlich mal auf einer Insel mit Palmen und Strand Urlaub machen und sein Wunsch ist uns wie immer Befehl, und nicht zuletzt muss man auf der Insel ja auch mal bißchen den Durchschnitt an deutschen Oberstudienräten, Grünen und Wanderern senken.
Blöderweise war das erste spanische was ich sah, dieses Zeichen im Eingang des Flugzeuges in Madrid (26.3. Hinflug von Frankfurt über Madrid nach La Palma):

Keine Ahnung was das da untendrunter heißt, sowas wie: „beim Absturz mit dem Kopf nach unten fallen damit es schneller vorbei ist“ oder so, aber ich hielt es für ein Originalschild und entsprechend unentspannt war ich wieder mal beim Start und bei der Landung. Es ist mir ja nach wie vor ein absolutes Rätsel wie diese riesigen Stahlkolosse sich in der Luft oben halten, aber da ich nicht schreiend und „wir werden alle sterbäään“ brüllend durchs Flugzeug rennen möchte zwinge ich mich während des Fluges, an andere Dinge zu denken. Differentialberechnungen im Zusammenhang zur Erderwärmung und so Zeugs. Hilft.
Tja, was soll ich sagen: der Plan mit Wärme und Grün ging auf:

Bis zu diesem Zeitpunkt wußte ich ehrlich nicht, wie sehr mir in den letzten Wochen ein paar Grad mehr und grüne Umwelt gefehlt haben. Die ersten Tage hätte ich am liebsten jedes Blümlein und Büschlein geknutscht. Waren aber meistens Kakteen, also liess ichs lieber sein.
Die zweite große Urlaubsliebe: einfach nur am Meer sitzen oder langlaufen und die Brandung beobachten.

Machen zumindest die erwachsenen Teile der Familie am allerliebsten, Junior scheuchte derweil die Krebse, beziehungsweise liess sich scheuchen wenn einer in seine Richtung drehte. Ich kanns nicht ändern, aber das Rauschen von Meeresbrandung gibt mir wirklich eine innere Ruhe. Und davon gabs mehr als genug auf La Palma.

Was mir hingegen sehr zwiespältige Gefühle bereitete, waren die Berge, bzw die Höhen:

Es schafft einfach keine mir verfügbare Kamera, die Dimensionen dieser Abgründe einzufangen. In diesem Urlaub stellte ich jedenfalls eine fast schon paranoide Angst vor Abgründen fest, so dass ich mich bei verschiedenen Gelegenheiten von Junior fernhalten musste weil ich sonst bei dem Versuch, ihn vor einem Absturz zu retten uns beide umgebracht hätte. Natürlich war es nicht soo gefährlich, WENN man nicht vom Weg abkam, aber es gab halt keine Geländer und der freie Blick nach unten ließ mir ein paar Mal den Herzschlag gefrieren. Ich meine, meine Familie besteht fast nur aus Wandervögeln, die solche Aussichten GENIESSEN während ich mich mit butterweichen Knien an irgendwelchen Felsen festklammere, uaahh! Da hab ich wohl ein paar Gene von der falschen Seite abgekriegt. Ich meine: Hallo? Die erste Woche habe ich fast jede Nacht von Abstürzen geträumt *schwitz*.
Da meine bessere Hälfte zum Glück unter Höhenangst leidet (gut für mich), konnten wir eher dahin gehen, wo es mir besser gefällt, nämlich nach unten. Da gabs immer noch genug Steilküsten und Gefälle- schliesslich ist La Palma im Prinzip die steilste Insel der Welt, auf ihre winzige Grundfläche gesehen.

Unten konnten wir uns Häuser angucken, das ist ja eher mein Ding. Ich bin ja ohnehin so ein Glotzer und muss beim Bummeln ständig stehen bleiben um die Häuser, Balkönchen, Vorgärten undsoweiter zu bewundern, da hatte ich auf La Palma mehr als genug zu tun.

Und ein paar Merkwürdigkeiten gabs natürlich auch.
Ein sehr nettes Land, in dem die Autofahrer gewarnt werden „Achtung, hier könnten Leute auf der Straße rumliegen“. Toll.

Und für die deutschen Touristen extra auf dem Bauernmarkt das „Grünen-Gründungsjahr-Gedächtnis-Dinkelbrötchen“. So hart jedenfalls. Aber mit Regenbogen. Alles ökologisch und so.

Schmeckte leider *blärch*, aber ich war trotzdem begeistert. Der Bäcker und Verkäufer des Brötchens sah nämlich aus wie ein verhärmter Wiedergänger von Jupp. Jupp war der Biobäcker im Westerwald, der stets Dienstags mit seinem qualmenden und stinkenden, zu einer Ökobäckereifiliale umgebauten Kleinbus über die Dörfer knatterte um seine zugegebenermaßen sauleckeren Vollkornbrote und Vollkornbrötchen auszuliefern, die von meiner äußerst ernährungsbewußten Paten(öko)tante in fußballmannschaftsgeeigneten Großmengen abgenommen wurden. Musste ja bis nächsten Dienstag reichen.
Der sah allerdings damals schon aus als bekäme er das Wasser nicht gewärmt. Ich weiß gar nicht ob er noch lebt und vielleicht in seiner Backstube noch vor sich hinschrotet und bäckt oder ob er vielleicht tatsächlich nach La Palma ausgewandert ist.
Leider war ich zu gut erzogen um den deutsch-palmesischen Vollkornbäcker zu fotografieren, ich konnte ja schlecht sagen „Entschuldigen Sie, sie sehen aus wie der verhärmte Vollkornbäcker aus meiner Jugend, dürfte ich aus Gründen der familiären Nachrecherche mal ein Bild von ihrem ergrauten Haupt machen?“
Jedenfalls weiß Junior jetzt wie der Klischeegrüne aussieht, nämlich genauso: Jesuslatschen, Hanfhosen, vergilbtes Leinenhemd, wirre graue Haare, stoppeligfaltiges Antlitz und vom Körperbau her der klassische Ektomorphus humanoides: groß und dürr (das kommt vom Körnerfutter, ich schwörs!), sieht quasi aus als fiele er jeden Moment tot um.
Außer dem Klischeegrünen bot die Insel auch noch den von mir längst ausgestorben geglaubten Hippie.
Auch von diesen Exemplaren konnte ich aus obigen Gründen natürlich keine Fotos machen, aber das hatte auch damit zu tun dass ich beschäftigt damit war, nicht zu sehr zu starren. Die hatte ich nämlich auch zuletzt in meiner Jugend gesehen und hier tauchten sie alle wieder quicklebendig auf, keinen Tag gealtert. Schweinerei. Die Hippies (Jesuslatschen, Sarouelhosen, freie Oberkörper; bei den Damen unverschämt gut aussehende knappe Tanktops mit knappen Leinenhemdchen drüber, Buddhakettchen und am wichtigsten: Dreadlocks!) hielten sich meist dekorativ an der Strandpromenade auf, betont lässig und jonglierend das Establishment verachtend, nachts konnte man sie im Schein von Taschenlampen (oder Öllampen?) die Serpentinen an der Steilwand emporziehen sehen zu ihren Schlafhöhlen (natürliche Höhlen in der Lava, die vor vielen Jahren schon von den damals noch zahlreichen Ziegenhirten mangels Komfort aufgegeben wurden).
Diesen Menschenschlag fand ich als Jungtier ziemlich cool, inzwischen bin ich aber heilfroh dass ich Spießer geworden bin. In einer ehemaligen Ziegenhöhle würde ich mich eher nicht so wohlfühlen, dann lieber eine Ferienwohnung mit verkalkter Duscharmatur (die zum Glück erst am letzten Morgen abbrach). Und geh mir fort mit Dreadlocks, da schwitzt man doch drunter!

Wir haben natürlich noch viel mehr gesehen und erlebt, aber das ist dann eher das Thema für unser privates Fotobuch, das ich endlich mal anfangen sollte…

Auf La Palma waren wir jedenfalls sicher nicht das letzte Mal. (Sofern wir nächstes Mal einen Direktflug kriegen, grrrr- einmal Start und Landung reicht vollkommen!)
Perfekt getimt war unsere Ankunft zuhause (6.April La Palma-Madrid-Frankfurt). Pünktlich nach unserer Rückkehr begann auch hier der Frühling, so fiel der Abschied vom Urlaub und der Neustart in Arbeit und Schule nicht ganz so schwer, selbst der Pinguin im Opelzoo freut sich an den Temperaturen…

Hier noch ein kleines Video von den Niagara-Wolken, wie Junior sie getauft hat:

3 Gedanken zu „Nu aber hopp

  1. Das st ja ein schöner, sehr erheiternder Bericht! Und ich freu mich, dass es euch gut getan hat.
    Eine gute neue Woche!
    Astrid

    • Liebe Doro, habe gerade deinen Kommentar bei mir gelesen und muss dir sagen, als privater Blog gilt man schon nicht mehr, wenn man öffentlich zu lesen ist. Und personenbezogene Daten erfasst man schon, indem man Kommentare zulässt. Also wirst du nicht umhin kommen, eine Datenschutzerklärung hinzuzufügen. leider kenne ich mich mit WordPress – Blogs nicht aus, dann hätte ich dir Hinweise geben können. Aber mein Eindruck war bei der Suche nach Hilfe, dass es da ohnehin mehr Angebote für WordPress – Blogs gibt.
      Tut mir leid, ich möchte nur nicht, dass du quasi ins offene Messer läufst.
      GLG
      Astrid

  2. So toll, liebe Doro,
    da wäre ich auch gerne mal, aaaaber ich trau mich schon garnicht in ein Flugzeug.
    Herrliche Bilder und die Niagara Wolken sind ja auch der Hammer, hab noch nie sowas gesehen.
    Vielen Dank für deinen Urlaubsrückblick.
    Liebe Grüße
    Nähoma

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